Das-ABC-Modell-von-Albert Ellis

Autobahn.

Warnblinker. Rote Bremslichter. Stopp.

Stau.

Stell Dir zwei Fahrer vor. Wie sie auf den Stau zufahren.

Stillstand.

Der eine schüttelt den Kopf, trommelt nervös auf sein Lenkrad und schreit wütend: „So ein Sch…! Das darf doch wohl nicht wahr sein. Immer der gleiche Mist.“ Dann drückt er auf die Hupe (und kommt natürlich keinen Zentimeter voran). Und so geht das die nächste Zeit weiter.

Der andere fährt auf den Stau zu, ärgert sich kurz. Doch schnell weicht der Ärger einem Lächeln. Die Gesichtszüge entspannen sich. Er nimmt einen tiefen Atemzug.

Die gleiche Situation. Völlig verschiedene Reaktionen.

Könnten wir den ersten Fahrer fragen, was seine Reaktion ausgelöst hat, bekämen wir wahrscheinlich als Antwort: „Dieser Stau nervt mich einfach. Das macht mich total wütend. Der Stau ist schuld an meiner schlechten Laune.“

Im Beitrag zeige ich Dir, warum nicht der Stau die schlechte Laune macht.

Und Du erfährst, wie Du mit dem ABC-Modell in jeder Situation

der Meister Deiner Gefühle und Reaktionen sein kannst.

Wer macht die Gefühle?

Wir gehen in der Regel davon aus, dass äußere Umstände unser Erleben und Handeln bestimmen – gegenwärtige Ereignisse und Situationen, das Verhalten anderer Menschen oder frühe Kindheitserlebnisse.

Wir haben die Überzeugung, dass unsere Gefühle „gemacht“ werden.

Das zeigt unsere Alltagssprache:

  • Du hast mich traurig gemacht.
  • Fliegen macht mir Angst.
  • Mein Chef setzt mich unter Druck.
  • Der Stau macht mich wütend.

Wir glauben auch, dass Ereignisse ursächlich für unsere Gefühle sind.

  • Wenn ich noch länger warten muss, dann werde ich sauer.
  • Wenn die Bahn zu spät kommt und ich den Anschluss verpasse, dann werde ich richtig wütend.
  • Wenn ich schon diese Bremslichter vor mir sehe, dann könnte ich ausflippen.
  • Hätte ich damals anders entschieden, dann wäre ich jetzt glücklich.
Unsere-Ueberzeugung-Gedanken-Gefuehle

Gleiches Ereignis – sehr unterschiedliche Reaktion

Menschen reagieren jedoch sehr unterschiedlich auf die gleiche Situation.

Bei der Durchsage einer Verspätung der Bahn wird der eine hektisch, brüllt den Servicemitarbeiter an und bekommt einen roten Kopf, während der andere in aller Ruhe ein Buch hervorholt und zu lesen beginnt.

Der eine hat unglaubliche Angst vor Spinnen und der andere lässt die große, fette Vogelspinne über seinen Arm krabbeln.

Der eine kann es kaum erwarten, die Achterbahn mit den 14 Loopings zu fahren (ich!). Der andere würde für nichts in der Welt da einsteigen wollen.

Der eine hat Angst vor Menschen zu sprechen und vermeidet das. Der andere wird Speaker und freut sich auf einen Auftritt vor 15.000 Zuschauern in der Lanxess-Arena.

Und das Staubeispiel hatten wir oben schon.

Die Verbindung zwischen Ereignis und Reaktion

Was den einen vor Wut schäumen lässt, führt bei dem anderen zu einem Lächeln.

Woher kommen diese unterschiedlichen Reaktionen?

Was löst diese unterschiedlichen Gefühle aus?

Den Grund hierfür haben die Stoiker vor rund 2000 Jahren bereits beschrieben.

Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen,
sondern unsere Sicht der Dinge.
(Epiktet)

Entscheidend ist, wie wir über die Situation denken, wie wir sie bewerten, wie wir sie einschätzen.

Die Situation ist, wie sie eben ist.

Und dann kommst Du.

Mit Deinen Einstellungen, Mustern und Bewertungen. Mit Deinen Erwartungen, Vorstellungen und Ansichten. Mit Deinen Erinne-rungen, Erfahrungen und Erlebnissen.

Dies alles gibst Du zu der Situation dazu.

Und erst dann folgt Deine Reaktion.

Es ist ein Kreislauf.

Etwas passiert. Du bewertest das, was passiert ist. Diese Bewer-tung bestimmt Deine Gefühle und Dein Verhalten. Und dies wiederum wirkt auf das ein, was Du erlebst.

Deine Gedanken sind die Verbindung zwischen dem Ereignis und Deiner Reaktion.

Der Kreislauf im ABC-Modell von Albert Ellis

Selbsterkenntnis: Das ABC-Modell von Albert Ellis

Genau an diesen Punkten setzen die drei Buchstaben an, die Dir zu tiefer Selbsterkenntnis verhelfen können.

A, B, C!

Der Psychologe Albert Ellis entwickelte das ABC-Modell des menschlichen Verhaltens. Damit der enge Zusammenhang zwischen Denken, Fühlen und Verhalten klar wird.

Es gibt drei Kategorien:

 A = Adversities = Aktivierende Ereignisse.

Das können alle nur denkbaren äußeren oder inneren Ereignisse (Reize) sein.

Beispiele: eine bevorstehende Prüfung, eine anstehende Wurzel-behandlung, Nichtstun, Hausarbeit, Kritik vom Chef oder vom Partner, eine Einladung, Ansprechen eines fremden Menschen, Stau, Schokolade essen, Schmerz oder die Erwartung, eine Frist zu verpassen bzw. ein lediglich vorgestelltes Versagen („ich werde durchfallen. Sicher!“).

 B = Beliefs = bewusste und unbewusste Bewertungen,
Gedanken, Überzeugungen.

Jeder Mensch entwickelt in seinem Leben individuelle Bewertungs-muster. Diese Bewertungsmuster werden aktiv, wenn das Ereignis „A“ eintritt.

 C = Consequences = Konsequenz, Auswirkung.

Die „Consequences“ äußern sich in den emotionalen Reaktionen oder in bestimmten Verhaltensweisen.

Eine direkte Verbindung zwischen „A“ und „C“ gibt es nicht. Auch wenn wir das im Alltag oft annehmen.

Entscheidend für die Reaktion („C“) auf den Auslöser („A“) sind Deine Bewertungen („B“).

Und Deine Bewertungen kannst Du mit dem ABC-Modell verändern.

Handlungsalternativen im ABC-Modell von Albert Ellis

Das ABC-Modell hilft Dir

Du bekommst Macht. Zur Gestaltung Deines Lebens.

Du kannst neue Bewertungen einführen.

Und so Deine Gefühle und Deine Reaktionen verändern.

So nutzt Du das ABC-Modell am Besten

So gehst Du am besten vor:

Schritt Nummer 1:

Wähle eine Situation aus, die Du als unangenehm empfindest bzw. erlebt hast.

Schritt Nummer 2:

Lade Dir dann kostenfrei das pdf-Formular für Deine ABC-Analyse herunter.

Schritt Nummer 3:

Schreibe das von Dir ausgewählte Ereignis in das Feld „A“.

Schildere diese Situation so genau und so objektiv wie möglich.

Nutze für die Beschreibungen „W-Fragewörter“: Wer, was, wann, wo, wie, mit wem, womit?

Formuliere Deine Antworten entweder in Stichwörtern oder in ganzen Sätzen. Oder Du zeichnest etwas. Wie Du das machst, ist egal. Hauptsache: Du weißt, worum es geht.

Schritt Nummer 4:

Beschreibe unter dem Punkt „C“ (Consequences) Deine Reaktionen auf „A“ (den Auslöser).

Beschreibe, wie Du Dich gefühlt hast und wie intensiv dieses Gefühl war (starke Angst, unter Druck, tiefe Traurigkeit, etwas Ärger, heftiger innerer Widerstand usw.).

Beschreibe Deine körperlichen Empfindungen (Hitze, Kälte, Enge, Kribbeln, Jucken, Schmerzen etc.).

Beschreibe konkret, wie Du Dich verhalten hast, was Du getan, gesagt oder unterlassen hast.

Schritt Nummer 5:

Unter „B“ notierst Du dann alle Gedanken, die Du mit dieser Situation in Verbindung bringst.

Schreibe auf: Deine Bewertungen, lebensbeschreibenden Metaphern, Ansichten, Überzeugungen, Annahmen, Regeln, Erwartungen usw.

Nimm Dir Zeit dafür.

Diese Suche nach den Gedanken fällt meist nicht leicht. Oft sind sie unbewusst. Oft scheinen sie wie von Zauberhand verschwunden, wenn wir sie bewusst betrachten wollen.

Doch je mehr Du Dich darin übst, desto besser wird Dir dies gelingen.

Schritt Nummer 6:

Lass Deine Erkenntnisse 24 Stunden liegen.

Dann hast Du Abstand.

Gehe Deine Liste dann nochmals durch.

Schreibe auf, wenn Du noch etwas ergänzen möchtest.

Schritt Nummer 7:

Beglückwünsche Dich dafür, dass Du den Mut und die Disziplin hattest, Dich dieser Aufgabe zu stellen.

 

Deine Erkenntnisse aus dem ABC-Modell von Albert Ellis

Welche Erkenntnisse kannst Du aus dem ABC-Modell ziehen?

Du hast jetzt Deine Bewertungen offengelegt.

Du weißt, warum Du in einer bestimmten Situation fühlst, wie Du Dich fühlst.

Du weißt, wieso Du Dich so verhalten hast – und nicht anders.

Allein das kann schon sehr entlastend sein.

Du bist jetzt kein Opfer Deiner eigenen Gedanken mehr. Du hast den Kreislauf durchbrochen. Du bist Deinen Reaktionen nicht mehr hilflos ausgeliefert.

Im Gegenteil:

Du wirst zum Meister Deiner Gefühle
und Deiner Reaktionen.

Denn Du kannst Deine Bewertungen hinterfragen. Und Du kannst diese alten Bewertungen durch hilfreiche, stärkende und passende Gedanken ersetzen.

Sei Dir immer bewusst, dass es in jeder Situation auch andere Möglichkeiten der Bewertung gibt.

Frage Dich bspw. wie der Dalai Lama, James Bond, der Bundes-kanzler oder ein Mensch Deiner Wahl diese Situation einschätzen würde.

Frage Dich, wie Du Dich fühlen möchtest.

Frage Dich, welche Gedanken hilfreich wären, um dieses Gefühl zu erzeugen.

So wird aus den Beschimpfungen des Staus bspw. der Gedanke: „Ok – ich kann es nicht ändern. Ich stehe im Stau. Dann nutze ich den Stau eben für Atemübungen oder höre einen Podcast“.

Mache Dir Deine neuen Bewertungen immer wieder bewusst.

So entstehen neue Brücken in Deinem Gehirn. Diese neuen Brücken stellen neue Verbindungen her. Und das führt zu neuen Reaktionen und Gefühlen.

Ein Warnhinweis für das ABC-Modell von Albert Ellis

Auf einen wichtigen Punkt will ich Dich hinweisen.

Deine alten Gedanken- und Verhaltensmuster werden nicht gelöscht, wenn Du das ABC-Modell nutzt.

Diese alten Muster bleiben. Und sie sind sehr hartnäckig.

Daher kann es immer wieder sein, dass Du in altes Denken und Handeln zurückfällst. Insbesondere, wenn Du Dich gestresst fühlst.

Verurteile Dich dafür nicht. Sieh es Dir nach und denke dann bewusst an Deine neuen Bewertungen.

 

Das Fazit zum ABC-Modell

Du hast sie jetzt kennen gelernt: Die 3 Buchstaben mit der großen Wirkung.

Mit dem ABC-Modell übst Du Dich in der Kunst, innere Klarheit zu schaffen.

Und Du lernst Dich selbst besser kennen.

Diese Klarheit und diese Selbsterkenntnis haben viele Vorteile.

Deine Gedanken werden Dir bewusster.

Und diese Bewusstheit ist die Voraussetzung für Deine Veränderung.

Veränderung im ABC-Modell bedeutet: Du kannst alternative Bewertungen für jedes Ereignis finden.

Damit hast Du ein mächtiges Werkzeug in der Hand.

Es hilft Dir, Dein gewünschtes Erleben und Verhalten herbeizuführen. Es hilft Dir, Dein Leben zu verbessern.

Schaffe Klarheit. Setze um. Lebe erfüllt.
Dein Marco

PS: Teile Deine Erfahrungen mit dem ABC-Modell in den Kommentaren. Alle Leser sind gespannt, was Du erlebt hast.

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